Ein verborgener Schatz

Drei Fragen an Beatrix Flatt zu »Grenzenlos. Begegnungen am Grünen Band«

1.400 km lang ist das Grüne Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Die Helmstedter Journalistin Beatrix Flatt wanderte vergangenes Jahr die komplette Strecke und schrieb ein Buch darüber. Herausgekommen ist kein Erlebnisbericht und auch kein Wanderführer, sondern eine wunderbare Sammlung von Reportagen über Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt zwischen Hof und Travemünde haben. Zudem ist »Grenzenlos« ein Beweis, dass auch in unseren hektischen Zeiten entschleunigter Journalismus möglich ist.

 

Warum lohnt es sich Reportagen über Menschen, die am Grünen Band leben und arbeiten, zu lesen? 

Am Grünen Band kommt vieles zusammen, was die Lebenssituation der Menschen so interessant macht. Zum einen sind es die Grenzgeschichte und die Natur, zum anderen lebten sowohl die Menschen in der DDR als auch in der BRD in einer Randlage. Heute leben sie zwar in der Mitte Deutschlands, aber immer noch fernab von großen Städten. Wer hier bleibt oder sich diese Region als neue Heimat auswählt, muss aktiv und kreativ werden. Und diese Vielfalt an Kreativität und Engagement verknüpft mit der Geschichte, die diese Menschen hautnah erlebt haben, machen die Reportagen lesenswert.

Welches sind deine persönlichen drei Lieblingsgeschichten in »Grenzenlos«? 

Mir ist jede Geschichte in ihrer Einzigartigkeit ans Herz gewachsen. Deshalb fällt die Antwort auch immer etwas anders aus. Beeindruckt haben mich Grundschüler im Thüringer Schiefergebirge, die als Erinnerung an die ehemaligen Bewohner der geschleiften Mühlen am Grenzbach wieder ein Wasserrad zur Stromerzeugung gebaut haben.

Berührt hat mich auch das Interview mit einer Künstlerin in ihrem Backsteinhaus direkt hinter dem Elbdeich in traumhaft schöner Umgebung. Allerdings konnte sie jahrzehntelang die Elbe aufgrund des Grenzausbaus nicht sehen. Ihre Bilder, die sie malte, wurden immer schwärzer. Nach der Wende fand sie langsam ihre Farben wieder. Beeindruckt haben mich auch die Energie und der Mut dreier Frauen, die in der Nähe des Dreiländerecks Thüringen-Hessen-Bayern auf einem ehemaligen Rittergut eine Handweberei und ein Café eingerichtet haben.

Wandern entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze  das könnte 2020 ein Urlaubstrend werden. Was wären deine Tipps für Ein- oder Mehrtagestouren?

Das Grüne Band ist nur in Teilen als Wanderweg ausgeschildert. Der Kolonnenweg ist nicht mehr durchgängig vorhanden und dient deshalb nicht überall als Orientierung. Das Grüne Band ist ein teilweise verborgener Schatz, den man sich erarbeiten muss – egal ob als mehrtägige Wandertour oder als Sonntagsspaziergang. Wandern am Grünen Band ist etwas für Individualisten mit ein wenig Abenteuerlust. Deshalb sollten sich Wanderer vorbereiten und informieren, bevor sie starten. Es gibt überall örtliche Initiativen, die Wanderwege, teilweise auch Rundwanderwege rund um das Grüne Band ausgeschildert oder beschrieben haben. Der Weg führt aber auch durch touristisch erschlossene Regionen wie Thüringer Schiefergebirge, Rhön oder Harz. Vielleicht ist das ein guter Einstieg.

Zum Buch und zur Leseprobe

 

Die Presse über das Buch (Auswahl):

»Menschen bei Annette«, Interview auf Radio 21

Neue Helmstedter, 19.06.2020

subway, 06/2020

Fotos: Lorenz Flatt, Beatrix Flatt

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