Die Mühen der Ebene erträglich machen

Drei Fragen an Frank Schäfer zu  „Jagdszenen in Niedersachsen“

In seinem neuem Buch hat sich Frank Schäfer auf die Suche nach der Wahrheit über das großflächige Bundesland im Norden und seine Bewohner gemacht. Herausgekommen ist kein Reiseführer oder eine soziologische Abhandlung, sondern eine persönliche und literarische Sammlung von sensiblen Beobachtungen über Land, Leute und Kühe. Der Journalist und Autor weiß worüber er schreibt – lebt er doch schon sein ganzes Leben in der Provinz … ähhh Metroploregion. Und das ganz offensichtlich auch sehr gerne.

Was ist das „typisch Niedersächsische“, also der Rote Faden der über 40 Kapitel in deinem neuen Buch?

Wenn ich das so genau auf den Punkt bringen könnte, hätte ich vermutlich ein Sachbuch geschrieben. Aber es sind ja Geschichten, hundertpro wahre Storys, nicht mal unbedingt alle mit einer Botschaft, dafür mit ein paar Witzen. Komik bringt man vielleicht nicht zuallererst mit diesem Landstrich in Verbindung, aber für mich ist vielleicht genau das „typisch niedersächsisch“. Der knochentrockene, lakonische, oft genug auch absurde Humor scheint für die Leute hier die Mühen der Ebene erträglich zu machen.

Für „Jagdszenen in Niedersachsen“ hat dein Sohn Oscar Bilder von niedersächsischen Bushaltestellenhäuschen beigesteuert. Was steckt hinter dieser Symbolik?

Die Bushaltestelle ist das Dingsymbol des Provinziellen und entsprechend randvoll aufgeladen mit Bedeutung. Es ist ein Ort der Verheißung, ein Ausweg aus der Hölle der Langeweile, das Tor zur Welt, wo was los ist, wo das vermeintliche richtige Leben beginnt. Deshalb sehen auch gerade Jugendliche am deutlichsten das symbolische Sehnsuchtspotential. Sie hängen dort herum und träumen sich schon mal fort. Das hat natürlich auch ganz praktische Gründe. Die Bushaltestelle ist ein teilweise geschlossener, geschützter Raum außerhalb der Familie. Da kann man in Ruhe ein Sixpack leeren, ein bisschen kiffen, am ganz großen Rad drehen oder die nächste Revolution planen, ohne dass die Alten was mitbekommen. Der Ort liefert also beides, gesteigertes Dasein und eben auch schon die schöne Fantasie vom Ganzweitwegsein.

Exzentrische Figuren spielen eine große Rolle – Arno Schmidt, Gerhard Schröder oder „Dorfnarr und Heiliger“ Shiva aus deiner Nachbarschaft zum Beispiel. Ist Niedersachsen vielleicht sogar ein Sammelbecken für solche Typen?

Ich bitte dich, mein geliebter Genosse, Ex-Landesvater und Russlandamigo Schröder ein Exzentriker? Obwohl … mal überlegen, vielleicht hast Du sogar Recht, das würde zumindest einiges erklären. Ich bin ja kein richtiger Sozalwissenschaftler, sondern nur so eine Art Küchensoziologe, also antworte ich am besten mit einem klaren „vielleicht“. Aber wenn irgendwann mal amerikanische Wissenschaftler herausfinden sollten, wie exzentrisches Verhalten entsteht, und dann vielleicht auch noch beweisen, dass in Niedersachsen geradezu ideale Existenzbedingungen für diesen Menschenschlag vorherrschen, dann triumphiere ich natürlich. Haha, ihr Schluffis, sage ich dann, das war mir doch schon 2019 klar, vgl. „Jagdszenen in Niedersachsen“!

Zum Buch „Jagdszenen in Niedersachsen“

Buchpräsentation / Lesung: 3. Mai, Buchhandlung Graff (Braunschweig); weitere Termine sind in Planung

Die Presse über das Buch (Auswahl):

folgt …

Fotos: Andreas Reiffer (oben), Oscar Schäfer (unten); Buchumschlag: Marcel Pollex

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