Drei Fragen an Martin Willems zu Wolfgang Welt
Eine Million Zeichen aus der Feder von Wolfgang Welt (1952–2016), dem »größten Erzähler des Ruhrgebiets« (Willi Winkler) – eingepackt in zwei reich bebilderte Prachtbände. Dem Herausgeber Martin Willems ist es zu verdanken, dass nicht nur die längst vergriffenen musikjournalistischen und literarischen Texte neu arrangiert wurden, sondern auch verstreutes, unveröffentlichtes und wiederentdecktes Material des Kult-Autoren eingefügt werden konnte.
In den beiden Bänden »Kein Schlaf bis Hammersmith« und »Die Pannschüppe« tauchen auch die Texte aus dem vergriffenen Sammelband »Ich schrieb mich verrückt« auf. Was ist das besondere an den Büchern und warum hast du nicht einfach eine Neuauflage herausgegeben?
Es ist wirklich großartig, dass Wolfgang Welts journalistische Texte, kürzere literarische Arbeiten, sein letzter Roman wieder greifbar sind. Die Leser, die in den vergangenen zwei Jahren hinzukamen, haben nun erstmals Gelegenheit, den kompletten Welt zu entdecken. Die Wiederauflage bot einen perfekten Anlass, weitere Funde, nach Drucklegung Erschienenes beziehungsweise Unveröffentlichtes aufzunehmen. (Ich denke hier vor allem an die in »Die Pannschüppe« abgedruckten Vorstufen, die eindrücklich zeigen, wie Welt sich an seinen Debütroman herantastet, und das während er in der Psychiatrie sitzt.) Zusätzlich enthält jeder Band knapp dreißig Abbildungen, O-Töne, die über QR-Codes abgerufen werden können. Für mich persönlich war es eine (durchaus herbeigesehnte) Chance, Fehler und Ungenauigkeiten, die ich 2012 übersehen habe, zu korrigieren.
Warum lohnt es sich, heute noch Wolfgang Welt zu lesen, viele Texte stammen aus den frühen 1980er-Jahren?
Als ich seinerzeit mit der Recherche startete, begann eine überaus spannende Entdeckungsreise in die Musik der 50er bis 80er Jahre. Ich kann mir gut vorstellen, dass es gerade jüngeren Lesern genauso gehen wird. Die Musiktexte laden dazu ein, während des Lesens einen Streamingdienst zu öffnen und die erwähnten Songs nachzuhören. Wolfgang Welt hat keine konventionellen Kritiken, Porträts und Storys geschrieben, immer stärker floss gelebtes Leben hinein, nach wie vor strahlen sie ungeheure Energie und Rasanz aus. Auch seine literarischen Texte entfalten Sogwirkung, was dazu führt, dass man sich regelrecht mit dem Erzähler solidarisiert und unbedingt erfahren möchte »Wie geht es in diesem wahrlich nicht einfachen Leben weiter?«
Du warst mit Wolfgang Welt befreundet und hast zum Beispiel das Romanfragment »Die Pannschüppe«, welches er dir als jeweils frisch geschriebenes Tagwerk in E-Mails zukommen ließ, editiert. Was glaubst du, was hätte er zu den Büchern gesagt?
Würde Wolfgang noch leben, wäre er Rentner. Er hätte den Entstehungsprozess der Bände also sehr genau verfolgt. In Momenten der Freude hat er nicht viele Worte gemacht, ich bin mir aber sicher, dass er sehr gerührt wäre. Genauso sicher ist, dass er fünf Minuten nach Bekanntwerden des Erscheinungsdatums Phillip Goodhand-Tait gemailt hätte: »Welche Songs spielst du bei der Lesung im Schauspielhaus?«
Zu den Büchern im Shop / Leseproben usw.
Pressestimmen: folgen …
Foto Martin Willems: privat; Fotos Wolfgang Welt: Heinrich-Heine-Institut (Nachlass Wolfgang Welt)