Drei Fragen an Maik Brüggemeyer zu seinem Beatles-Buch
Maik Brüggemeyer ist seit 20 Jahren Redakteur des deutschen Rolling Stone und dort für die zahlreichen Beatles-Titelstories der vergangenen Jahre verantwortlich. »Schöner kann es gar nicht sein. The Beatles von 1957 bis 1970« verknüpft nun die überarbeiteten Versionen dieser Artikel. Hinzu kommen noch rund 100 Buchseiten bislang unveröffentlichtes Material. Die von Karsten Weyershausen illustrierte 300 Seiten starke Hardcoverausgabe steht in der Tradition des literarischen Musikjournalismus – einer leider viel zu selten gewordenen Gattung.
Warum die Beatles? Was fasziniert dich so an einer Band, die bei deiner Geburt bereits seit sechs Jahren Geschichte war?
Von Freunden mit Kindern, die gerade beginnen, sich für Musik zu interessieren, weiß ich, dass es auch heute noch nicht so ungewöhnlich ist, dass Kinder sich erst mal von den Beatles durch den bunten Popkosmos führen lassen. Und das, obwohl es die Beatles seit mittlerweile über 50 Jahren nicht mehr gibt. Die sind einfach extrem kinderkompatibel, die Musik ist leicht zugänglich, die Filme sind immer noch lustig, und die vier Typen bieten jede Menge Identifikationspotenzial. Auch die Geschichte der Band ist äußerst spannend, und sie hat die Art, wie wir Popmusik verstehen, bis heute geprägt. Auch wenn dieses Verständnis mittlerweile ein wenig im Umbruch ist, sind die Beatles für viele von uns, ganz sicher für mich, prägend gewesen. Sie sind das Fundament meiner Musikleidenschaft. Durch sie habe ich viel über die Macht und die Kraft von Musik gelernt. Der große amerikanische Autor Kurt Vonnegut schrieb einmal, er sage in Reden gerne, dass es doch eine einleuchtende Aufgabe von Künstlern sei, Menschen dazu zu bringen, ihr Leben zumindest ein bisschen zu schätzen. »Dann fragt man mich immer, ob ich irgendwelche Künstler kenne, die das durchgezogen haben. Ich sage dann: ›Die Beatles haben das getan.‹«
»Schöner kann es gar nicht sein. The Beatles von 1957 bis 1970« versammelt überarbeitete Versionen deiner Artikel, die du in den letzten Jahren für die deutsche Ausgabe des Rolling Stone geschrieben hast, plus das lange und bislang unveröffentlichte Kapitel »Die Ballade von John und Paul«. Was verbirgt sich dahinter?
2015 habe ich mich mit dem Grafiker, Illustrator und Beatles-Freund Klaus Voormann am Starnberger See getroffen, und wir haben über Musikerfreundschaften gesprochen. Danach entstand die Idee, der Beziehung zwischen John Lennon und Paul McCartney auf den Grund zu gehen und darüber ein erzählendes Sachbuch oder einen Roman zu schreiben. Was war das eigentlich für eine Beziehung? Wie hat die sich im Lauf der Jahre gewandelt? War das überhaupt eine Freundschaft? Oder gar eine Liebe? Oder einfach eine Zweckgemeinschaft? Ich habe also in der Literatur nach Hinweisen gesucht, und begonnen, eine Art Tagebuch dieser Beziehung anzulegen – Arbeitstitel: »Die Ballade von John und Paul«. Ich dachte, der 60. Jahrestag ihres vermeintlich ersten Treffens, der 6. Juli 2017, wäre ein idealer Erscheinungstag für dieses Buch. Aber dann kamen andere Buchprojekte dazwischen, und ich musste meine Arbeit irgendwann abbrechen. Als jetzt die Idee aufkam, eine Sammlung meiner Texte über die Beatles zu veröffentlichen, stellte ich fest, dass ich für den Rolling Stone hauptsächlich über die zweite Karrierephase der Beatles geschrieben hatte, in der sie ihre großen Alben von »Rubber Soul« bis »Abbey Road« gemacht haben. Und dann fiel mir meine abgebrochene »Ballade« wieder ein, die im Jahr 1957 einsetzt und bis zum Jahr 1964 in ganz präsentablem Zustand schien. Die konnte also genau die Zeit abdecken, über die ich im Rolling Stone nicht viel geschrieben hatte. So wurde das Buch eine runde Sache und ist viel mehr geworden als eine Sammlung schöner alter Artikel, ja, es liest sich durch diese substanzielle Ergänzung und die vielen Anmerkungen und Ergänzungen zu den bereits veröffentlichten Texte, durch das hervorragende Lektorat von Max Lüthke und die tollen Illustrationen von Karsten Weyershausen tatsächlich wie ein neuer großer Text.
Karsten Weyershausen hat – neben der Umschlaggestaltung – fast 20 Zeichnungen für dein Buch erstellt. Die meisten Beatles-Bücher nutzen Fotografien zu Illustration, warum hast du diesen Weg gewählt?
Die Anregung, man könnte, statt Fotos zu zeigen, auch mit Illustrationen arbeiten, kam von dir, wenn ich mich richtig erinnere. Und ich fand die sofort gut und schlüssig, weil sie perfekt zum Ansatz dieses Buches passt. Ich war ja, wie du schon angemerkt hast, noch nicht mal geboren, als die Beatles die Popmusik revolutionierten. Ich habe mir quasi nachträglich ein Bild von der Band, ihrer Musik, ihrer Karriere und ihrer Wirkung gemacht. Diese Perspektive wird durch die Illustrationen ganz schön reflektiert. Zudem klingt im Buchtitel, der eine Zeile aus Camillo Felgens deutscher Version von »She Loves You« zitiert, ja schon an, dass es sich bei den hier versammelten Texten auch um Übersetzungen handelt – von Musik in Sprache, von der Vergangenheit in die Gegenwart, von der britischen Kultur in ein deutschsprachiges Musikmagazin. Und so eine Illustration nach fotografischem Vorbild ist ja auch eine Art Übersetzung. Abgesehen davon, boten die Illustrationen auch die Möglichkeit, Sachen zu zeigen, von denen es keine Fotos gibt – Erinnerungen oder Ideen zum Beispiel. Theoretisch fand ich die Idee mit den Illustrationen also sofort super, dass sie auch praktisch funktionieren würde, wurde mir klar, als du mir Arbeiten von Karsten Weyershausen gezeigt hast. Da wusste ich: Der ist mein Mann.
Pressestimmen (wird fortgesetzt):
»Selbst ausgewiesene Beatles-Kenner dürften Schnappatmung bekommen […] Hier liegt, man darf und muss das sagen, ein Standardwerk vor!« Michael Stoll, Rhein-Zeitung
»Es gibt wohl niemanden in Deutschland, der so klug, tiefgründig und bei aller objektiven musik- und gesellschaftsgeschichtlichen Einordnung eben auch wunderbar emotional über die Beatles schreibt wie Maik Brüggemeyer.« Stefanie Hempel, Hempel’s Beatles-Tour
Autorenfoto: Julia Friese, Illustrationen: Karsten Weyershausen