Musiker mit einem literarischen Initiationserlebnis

Drei Fragen an Thomas Kraft zu »Rock’n’Read. Wie Literatur Rockmusik inspiriert«

Dass Rockmusiktexte auch Literatur sein können, darf spätestens seit dem Nobelpreis für Bob Dylan nicht mehr bestritten werden. Doch welche literarischen Vorbilder und Stichwortgeber haben Musikerinnen und Musiker wie Leonard Cohen, Jim Morrison, Patti Smith, Alan Parsons, David Bowie, Lou Reed oder Suzanne Vega? Welchen Einfluss haben die Werke von William Blake, Federico Garcia Lorca oder Carson McCullers auf die Musik? Wie sich Literatur und Rockmusik auf vielfältige Weise verzahnen und wechselseitig beeinflussen, davon erzählt Thomas Kraft in seinem Buch »Rock’n’Read«, welches mit wunderbaren Fotografien von Helmut Ölschlegel illustriert ist. Elke Heidenreich bringt es in einer Besprechung für WDR4 auf den Punkt: »Macht Leser und Popmusikliebhaber gleichermaßen glücklich.«

Als jemand, der sich seit Jahrzehnten mit Rockmusik beschäftigt und fest im Literaturbetrieb verwurzelt ist – das Thema lag ja quasi nahe bzw. schon lange als Idee in deiner Schublade?

Ich habe mich schon immer für Musik interessiert. Und bin natürlich durch die verschiedensten Phasen der Begeisterung gegangen, gerade in den 70ern, als Rock von Punk und Disco flankiert wurde. Zu der Zeit waren Texte nicht immer wichtig für mich, da ging es mehr ums Tanzen, um Energie und Austoben. Andererseits brachten die Folkies der 60er die ersten Songs, die ich auswendig konnte. Es ist also eher ambivalent und hatte auch mit Literatur erst mal nicht viel zu tun. Erst wenn man tiefer in das Werk von Musikern eintaucht, so wie ich es zum Beispiel bei Leonard Cohen oder Jim Morrison getan habe, entdeckt und versteht man die vielfachen Bezüge und Inspirationen, die ihre Texte geprägt haben.

Wann würdest du Songtexte von Rockmusik selber als Literatur bezeichnen und nicht nur als Tagebucheintrag des Verfassers?

Jeder Song ist auch ein Gedicht. Mehr oder weniger gut gelungen. Vertonte Poesie gewissermaßen, die dadurch im besten Fall eine noch größere Wirkung erzielen kann. Dass die Grundidee eines Songs vielleicht tatsächlich nur auf einer gerade gemachten Erfahrung oder Beobachtung basiert, einem Tagebucheintrag nicht unähnlich, spricht nicht dagegen. Es kommt immer darauf an, was aus der Idee entsteht, welche Qualität die formale Umsetzung hat.

Können wir vermuten, dass es das Werk von Patti Smith oder Leonhard Cohen ohne ihre literarischen Einflüsse gar nicht geben würde?

Viele Musiker hatten tatsächlich eine Art literarisches Initiationserlebnis, eine besonders aufregende Lektüre, die sie zum Schreiben von eigenen Texten, Gedichte und auch Songs, motiviert hat. Bei Patti Smith und Leonard Cohen war das auch so. Beide waren noch sehr jung, als das geschah. Dementsprechend war auch ihre Begeisterung so intensiv und führte dazu, dass sie dem eigenen Schreiben zu vertrauen begannen. Daraus entstanden eigene Werke mit einer eigenen Sprache, einem besonderen Ton, der aber seine Herkunft nie verleugnet hat.

Zum Buch

 

Pressereaktionen zum Buch (wird fortgesetzt):

»Macht Leser und Popmusikliebhaber gleichermaßen glücklich.« Elke Heidenreich, WDR4

»Thomas Kraft geht es nicht darum, umfassend in Biografien einzutauchen, sondern Kristallisationskeimen der Inspiration nachzuspüren.« Christian Jooss-Bernau, Süddeutsche Zeitung

Besprechung auf Rockmagazine.net

 

Fotos: Catherina Hess (Autor), Helmut Ölschlegel (Patti Smith, Mike Scott, Leonard Cohen)

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