Mich haben immer schon radikale, extremistische Ästhetiken interessiert

Drei Fragen an Uwe Schütte zu »GODSTAR. Die fünf Tode des Genesis P-Orridge«

Eine Begegnung mit Brian Jones schickt den 16-Jährigen Neil Andrew Megson auf eine staunenswerte wie radikale Reise. Dieser nennt sich fortan Genesis P-Orridge (1950–2020) und wird zu einer subversiven Ikone der Alternativkultur. Uwe Schütte beleuchtet in seinem Essay aber nicht nur die zentralen Stationen des Lebensweges von Genesis P-Orridge, der die Industrial Music erfand und den Grenzbereich zwischen Esoterik und Pop erforschte:

Warum lohnt sich eine Beschäftigung mit Genesis P-Orridge, abgesehen vom musikalischen Vermächtnis durch Throbbing Gristle und Psychic TV?

Weil er – weit über die Musik hinaus – eine der faszinierendsten Gestalten der Popkultur ist, deren Wirken aus der Performance-Art kam und in einem gleichsam »erweiterten Kunstbegriff« endete, da er sich selber, mit seiner Partnerin Jackie Breyer, das Gesamtkunstwerk der »Pandrogynie« erschuf. Mich haben immer schon radikale, extremistische Ästhetiken interessiert – und Genesis liefert die in Reinkultur.

Du hast für dein Buch die Form eines Essays gewählt, der immer wieder Ausflüge in andere Bereiche der Popkultur und Kunst macht. Warum war eine klassische Biografie undenkbar?

Ja, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen liegt seit 2021 die Autobiografie von Genesis vor. Auch hat mich nie gereizt, ein musikjournalistisches Buch zu schreiben; mit meinem akademischen Hintergrund reizt mich wenn dann eine auf solider Forschung und Interviews aufgebaute Biografie, für die aber Genesis das falsche Forschungsobjekt ist, nicht zuletzt weil er nur Freund oder Feind hinterlassen hat, und in diesem Verhau der Wahrheit näher zu kommen ein unmögliches Geschäft ist. Daher mein freier Ansatz einer assoziativen Annäherung, die Genesis P-Orridge im Kontext zu verstehen sucht.

Und was hat es mit der »Geheimgeschichte des Okkultismus in der Popkultur« auf sich?

Nun, seine höchst eigenwillige Einschreibung in die Geschichte des englischen Okkultismus, die sich im Bereich der Pop-Musik auf Aleister Crowley zentriert, ist einer dieser Kontexte, den man oberflächlich kennt, aber nicht unbedingt ganz versteht. Das galt auch für mich, als ich anfing an GODSTAR zu arbeiten. Crowley und der Satanismus sind ein okkulter Untergrund der Pop-Musik, der vom Mainstream bis zu sehr abgedrehten Sachen reicht. Das wollte ich beleuchten.

 

Zum Buch

Termine:

18.11.2022 POP, Berlin (Yorckstr. 52)
28.01.2023 Lettrétage, Berlin (Veteranenstraße 21)

Pressereaktionen (wird fortgesetzt):

Uwe Schütte im Gespräch mit Ulrich Gutmair (taz Talk auf der Frankfurter Buchmesse 2022)

Foto Oben: fk huhn, Mitte: Lenz Schütte

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